Ulli Raab und Christian Busch im Interview
Es ist eine Weltpremiere: In Mainleus ist die erste automatisierte Serienanlage für das Setzen von LiteWWeight® zEPP-Befestigern in Formteile aus EPP-Schaum in Betrieb gegangen.
Der weltweit führende Systemlieferant für maßgeschneiderte Schutzverpackungen und Formteile vertraut hier auf Bossard Deutschland als Entwicklungspartner - über das „warum, was und wie“ berichten im Interview Ulli Raab, Projektleiter bei Storopack, und Christian Busch, Business Development Manager bei Bossard Deutschland.
Sehr geehrter Herr Raab, wie kam es zur Zusammenarbeit von Storopack und Bossard?
Ulli Raab: Ausgangspunkt ist der Auftrag eines Automobilherstellers, für dessen neuestes Modell in der Premium-Klasse wir sogenannte, maßgeschneiderte Crashpads aus EPP-Schaum produzieren und liefern sollen. Diese sehr leichten Formteile werden in die Seitentüren des Pkws eingesetzt, wo sie im Falle eines Aufpralls den maximalen Schutz für Fahrer und Beifahrer bieten.
EPP – wir befinden uns also im Themenfeld „Leichtbau“?
Ulli Raab: Genau. EPP-Schaum, obwohl oder gerade, weil porös, weist hinsichtlich Gewicht und elastische Festigkeit konkurrenzlose Eigenschaften auf. Eine Herausforderung dabei stellt sich aber, wenn wir Teile aus solchem Material miteinander verbinden müssen. Die Alternative „Kleben“ kommt hier schnell an ihre Grenzen, was Belastbarkeit betrifft.
Christian Busch: Und genau hier bietet Bossard mit der MM-Welding®-Technologie die perfekte Lösung. Hierbei werden thermoplastische Materialien per Ultraschall partiell verflüssigt, um innerhalb von Sekundenbruchteilen eine präzise, sichere, starke und dauerhaft belastbare Verbindung mit EPP-Bauteilen unterschiedlichster Dichte herzustellen.
MultiMaterial-Welding® bietet verschiedene Verbindungstechnologien...
Christian Busch: …von denen bei der genannten Anwendung LiteWWeight® zEPP-Befestiger zum Einsatz kommen. Sie sind nach den Anforderungen von Storopack bzw. des Automobilherstellers modifiziert worden. LiteWeight® zEPP erlaubt die Integration der Verbindungsgeometrie im thermoplastischen Fügepartner. Hierdurch können spritzgegossene Bauteile direkt und ohne zusätzliches Verbindungselement sicher und schnell mit dem EPP verbunden werden. Das heißt: Wir erzielen mit weniger Materialeinsatz höhere Festigkeiten.
Jetzt geht es bei Lieferungen an große Automobilhersteller nicht um Kleinauflagen?
Ulli Raab: Schnelligkeit und absolute Zuverlässigkeit von großen Liefermengen sind tatsächlich eine Herausforderung, der wir uns aber gerne stellen. Hier wurde gemeinsam mit Bossard ein neues, automatisiertes Anlagenkonzept entwickelt und etabliert, inklusive vieler zusätzlicher Anforderungen an automobile Serienteile.
Christian Busch: Es ist die erste Anlage dieser Art weltweit und wir sind auch ein wenig stolz auf diese erfolgreiche Entwicklungspartnerschaft mit Storopack, in der wir „Hand in Hand“ den ganzen Prozess vom Prototyp bis zur finalen Anlage durchgemacht haben.
Was sind die Haupteigenschaften der automatisierten Anlage?
Christian Busch: Zum einen die extrem kurzen Taktzeiten. Wir setzen pro Formteil sehr präzise und automatisch zwei Verbindungselemente, dabei sind parallel drei Anwendungen möglich. Von der Festigkeit der Lösung und den optimierten Prozessen samt Reduzierung von Zeit und Kosten in der Produktion habe ich ja bereits gesprochen.
Viele Teile in kürzester Zeit – da stellt sich fast zwangsläufig die Frage nach dem Ausschuss?
Ulli Raab: Der bei uns gegen Null geht. Einerseits, weil wir ihn uns nicht leisten wollen, andererseits, weil es in der Automobilindustrie hinsichtlich Qualitätsanforderungen und deren Sicherstellung keine Kompromisse gibt. Es muss gewährleistet sein, dass alle gelieferte Teile hundertprozentig in Ordnung sind. In unserem Fall hat die MM-Welding®-Technologie alle OEM-Tests perfekt überstanden.
Christian Busch: Ganz konkret detektieren wir mit Kameras und Sensoren jedes einzelne Teil, das erst dann das geforderte RFID-Label erhält, wenn der ganze Setzprozess perfekt gelaufen ist. Die Qualität der Verbindung wird also schon während des Verbindungsprozesses gemessen.
Dafür sorgen Big Data, künstliche Intelligenz und eine Software, die eine lückenlose Prozessüberwachung gewährleistet. Das ist „Poka Yoke“ in Reinform und in solchen Anwendungen/Prozessen bis dato weltweit einmalig.
Zum Schluss: Die Zusammenarbeit und das erste gemeinsame Projekt bedeuten sicher noch nicht das Ende, oder?
Ulli Raab: Um an den Anfang zurückzukommen: Leichtbau ist eines der zentralen Innovationsthemen unserer Zeit, ebenso wie die Digitalisierung in der Produktion. Mit seiner Verbindungskompetenz und der MM-Welding®-Technologie ist Bossard ein Partner, mit dem sich für uns auf verschiedenen Gebieten neue Möglichkeiten eröffnen können.
Christian Busch: Wir sind beide Innovationsführer in unseren Bereichen. Es sind Stichworte wie „schnell, sicher, vollintegriert, anwendungsspezifisch, modern, erweiterbar“, die uns um- und antreiben. Unser gemeinsames Ziel ist es, langfristig die eigenen Möglichkeiten zu erweitern und die Wertschöpfungsstufen für unsere Kunden zu erweitern. Also das, was Bossard mit seinem zentralen Versprechen „proven productivity“ vorgibt.